Probleme und Symptome

Nicht Krankheit oder Versagen, sondern sinnvoll innerhalb eines sozialen Systems…

Probleme und Symptome werden nicht als Krankheit oder Versagen einer Person gesehen, sondern als Verhalten, dass innerhalb eines sozialen Systems (Familie, Paar, Gruppe, Team) in irgendeiner – schmerzlichen – Weise sinnvoll ist.

Systemische Paar- und Familientherapie betrachtet die Probleme des Individuums immer in Bezug zu den verschiedenen Kontexten, in denen der/die Einzelne lebt: zum Beispiel als Partner in einer Paarbeziehung, als Familienmitglied, als Person mit besonderem kulturellem und/oder religiösem Hintergrund. Darüber hinaus spielen auch die persönlichen und allgemeinen wirtschaftlichen Umstände und die politischen Prozesse (Kriegskinder, Kriegsenkel) eine Rolle.

Die ursprünglich auf Familien und Paare ausgerichtete Perspektive der Systemischen Familientherapie wurde im Rahmen der Systemischen Therapie erweitert und auch auf andere soziale Systeme (Gruppen, Teams, Organisationen) angewandt. Systemische Paar- und Familientherapie hat eine Reihe von besonderen Annahmen über die Systeme (Einzelpersonen, Paare, Familien, Arbeitsgruppen, Organisationen)entwickelt, mit denen sie arbeitet…

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Systemische Annahmen:

Es gibt kein feststehendes Ursache-Wirkungsprinzip, die Familientherapeutin wird nicht entscheiden, wer Henne und wer Ei ist. 

Beispiel: er kommt spät, weil sie nörgelt – sie nörgelt, weil er spät kommt – und eigentlich wollen beide nur Zuwendung und Anerkennung.

  • In Systemen ist jeder einzelne mit den anderen wie in einem Mobile so verbunden, dass eine Änderung des einen automatisch eine Veränderung der Anderen mit sich bringt. Der Einzelne wird nur verstehbar, wenn man sein Umfeld mit einbezieht. Wenn ein lebhaftes Kind sich im Kindergarten auf einmal zurückzieht, könnte es vielleicht bedeuten, dass sich ein anderes Familienmitglied zurückgezogen hat, z,B, weil es arbeitslos wurde.
  • Systeme sind ständig in einem Wandlungsprozess begriffen. Dies wird besonders deutlich an Lebensübergängen wie Geburt, Schule, Pubertät, Ablösung von Kindern von zuhause, …
  • Systeme führen selbstregulierende Prozesse durch im Spannungsfeld zwischen den Status quo erhalten und sich weiterentwickeln. Wenn z.B. ein Kind ständig zu spät kommt, kann der Blick unter anderem auf die Notwendigkeit deutlicher Regeln oder auch auf eine Veränderung der Ausgehzeiten gerichtet werden.
  • Systeme streben ein Gleichgewicht (Homöostase) an, können dies jedoch nur kurze Zeit halten. Erreichbar ist ein Fließgleichgewicht, ein Wechselspiel zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht, Veränderung wird akzeptiert, Konflikte werden als Chance gesehen. Ein sehr auffälliges Kind könnte beispielsweise versuchen, die Eltern von ihrem Konflikt untereinander abzulenken, weil seine Angst vor Trennung der Eltern größer ist als die Angst vor Strafe.
  • Die Entwicklung des Systems vollzieht sich in Stufen (Lebensübergänge), die es immer wieder erforderlich machen, auf einer neuen Stufe die Regeln zu verändern, sie neu zu kalibrieren, zu eichen, wie beim Autofahren das Gasgeben und Höherschalten.
  • Systeme halten sich mithilfe von Regeln in der Balance. Es gibt offene und verdeckte, funktionale Regeln (sie dienen als Geländer und Orientierung) und dysfunktionale Regeln, die zu rigide sind oder ganz oder teilweise fehlen.

Systeme sind unterschiedlich offen oder geschlossen. Ein völlig geschlossenes System ist undenkbar. Offen und Geschlossen beschreibt, in welchem Maß ein System sich gegenüber der Umwelt abgrenzt. Eine Familie könnte Kontakte nach außen so weit wie möglich vermeiden – eine andere Familie könnte fast gar keine gemeinsamen Zeiten haben.