Arbeitsbeispiel Mediation

Ein Betrieb der metallverarbeitenden Industrie mit ca. 350 Mitarbeitern

Situation: Der Mitarbeiter I.P., 56 Jahre alt, ist einer von vier Meistern in seiner Abteilung. Früher war er Abteilungsleiter einer anderen Abteilung, jetzt ist er als Schichtleiter dem Abteilungsleiter zugeordnet. Aufgrund einer psychischen Erkrankung ist er nicht mehr voll einsatzfähig und soll eine weniger verantwortungsvolle Aufgabe bekommen, was er als Degradierung völlig ablehnt. I.P. ist gleichzeitig Mitglied des Betriebsrats. Er ist als anerkannt Schwerbehinderter nicht kündbar, und eine Frühpensionierung lehnt er ab. Aufgrund fortdauernder gravierender Meinungsverschiedenheiten mit dem Abteilungsleiter ist dieser nah am Zusammenbruch, reagiert stark somatisch. Eine arbeitsgerichtliche Lösung scheint das Ende vom Lied zu sein, obwohl allen Beteiligten klar ist, dass keine zufriedenstellende Lösung dabei herauskommen kann.

In die Beratung einzubinden sind Betriebsleiter, Personalentwicklerin, Betriebsrat und die vier leitenden Mitarbeiter der Abteilung. Betriebsleitung und Personalentwicklung einerseits sowie Betriebsrat andererseits werden jeweils als Gruppe interviewt, die vier Meister in Einzelgesprächen. Dabei wird besonderer Wert gelegt auf folgende Fragestellungen:

  • Was genau hat ihrer Meinung nach zu der Situation geführt?
  • Wie darf eine Lösung auf keinen Fall beschaffen sein, damit Sie (als Person oder Gruppe) Ihr Gesicht nicht verlieren?
  • Wo sehen sie die positiven Seiten oder Qualitäten der Person (der Gruppe), über die Sie sich beklagen?
  • Welche Lösungsideen hatten Sie selber schon?

Alle wertschätzenden Aussagen aus vorangegangen Interviews fließen in die nächstfolgenden bereits mit ein. Mit I.P. finden insgesamt zwei Gespräche statt, danach kann bereits der erste gemeinsame Termin mit den vier Meistern der Abteilung stattfinden. Im Zusammenhang mit einer Ortsbegehung in der Abteilung wird eine Idee ausgearbeitet, die bereits in den Einzelinterviews erste Konturen gezeigt hatte. Im Anschluss wird ein Vertragsvorschlag ausgearbeitet, in dem die Arbeitsbereiche der Abteilung neu definiert sind und I.P. eine in wertschätzender Weise neue Aufgabenbeschreibung bekommt. Sein Status als Meister bleibt unangefochten, allerdings hat er statt des Schwerpunkts Mitarbeiterkontrolle jetzt den Schwerpunkt Qualitätskontrolle. Die drei beteiligten Kollegen übernehmen definierte Aufgaben in der Zuarbeit. Zusätzlich wird festgehalten, wie von allen vier direkt Beteiligten damit umzugehen sei, wenn sich ein Krankheitsschub von I.P. ankündigen würde. Der Vertrag wird mit der Betriebsleitung bezüglich sachlicher Richtigkeit abgesprochen und bei einem anschließenden zweiten Termin von den vier Meistern unterzeichnet. Im Abschlussgespräch mit allen (BR, BL, PE und Meister) wird die Gültigkeit des Ergebnisses nochmals überprüft und ein Follow-Up in 6-8 Monaten vereinbart.

Rückmeldungen: Sehr wertschätzendes und sorgfältiges Vorgehen; hätte nicht geglaubt, dass es eine Lösung gibt; wir sind total erleichtert. Beim Follow-Up nach 7 Monaten laufen die Dinge weiter in die richtige Richtung.